Grüne Höfe in Pankow

Flüchtlingshäuser in Pankow: Bezirk kassiert neue Klatsche vor Gericht

Eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Pankow beschäftigt die Justiz. Bezirk und Anwohner wenden sich gegen das Projekt und fordern eine moderate Bebauung. 

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Einige Mitglieder der Initiative Grüner Kiez Pankow blockieren die Gesobau-Höfe an der Kavalierstraße. 
Einige Mitglieder der Initiative Grüner Kiez Pankow blockieren die Gesobau-Höfe an der Kavalierstraße. Jörg Carstensen/dpa

Im Streit um eine geplante Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Pankow hat der Bezirk auch vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eine Niederlage erlitten. Das Gericht bestätigte im Eilverfahren eine Entscheidung der Vorinstanz, wonach ein Fällverbot des Bezirksamts Pankow rechtswidrig war, wie eine Justizsprecherin am Donnerstag mitteilte.

Damit war der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gesobau verboten worden, Bäume und Sträucher im Innenhof einer Wohnsiedlung für den Bau der Flüchtlingsunterkunft zu roden.

Strittiges Bauvorhaben in Pankow

Das Unternehmen hatte sich erfolgreich vor dem Verwaltungsgericht Berlin gewehrt. Eine Beschwerde des Bezirks vor dem OVG blieb dagegen ohne Erfolg. Die Verwaltung hat noch ein weiteres Fällverbot ausgesprochen. Auch dagegen hat sich die Wohnungsbaugesellschaft bislang erfolgreich vor Gericht gewehrt. Dazu liegt dem OVG bislang nach Angaben der Sprecherin keine Beschwerde vor.

Das Bauvorhaben im Schlossparkkiez ist umstritten. In dem Wohngebiet sollen zwei Unterkünfte mit 99 Wohnungen für 422 Geflüchtete per Sonderbaurecht entstehen. Dagegen haben sich Anwohner vor Gericht gewehrt. Das Verwaltungsgericht hat die Baugenehmigung für das Projekt jedoch Ende Januar im Eilverfahren für zulässig erklärt. Auch gegen diesen Beschluss ist Beschwerde beim OVG möglich.

Die Bürgerinitiative Grüner Kiez Pankow kritisiert, dass das artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigungsverfahren beim Umwelt- und Naturschutzamt Pankow, bei dem auch Umweltverbände beteiligt werden müssen, noch nicht abgeschlossen sei.

Die von der Gesobau pro forma aufgehängten Nist- und Fledermauskästen seien „ein Absurdum und decken mitnichten den Bedarf an Ausgleichsmaßnahmen für alle Lebewesen, deren Weiterleben nach europäischen Artenschutzverordnungen garantiert sein muss“.

Seit mehreren Jahren setzt sich die Bürgerinitiative, die von Umweltverbänden wie den Naturfreunden Berlin und dem BUND unterstützt wird, für eine naturverträglichere Bebauung der Höfe ein. Diese Position hatte vor mehreren Jahren auch der Bezirk Pankow übernommen und eine alternative Bebauung mit weniger Zerstörung der Habitate vorgeschlagen. Mit dem Hinweis auf die fehlende Wirtschaftlichkeit bügelt der Bausenator Christian Gaebler den Kompromiss bisher ab. In dem jahrelangen Ringen wurden bisher etliche finanzielle Ressourcen verschleudert. Unter anderem lässt die Gesobau die Höfe seit Monaten rund um die Uhr bewachen.  

Das Gebot der Wirtschaftlichkeit gilt scheinbar nur, wo es genehm ist. 

Mit Konzerten warben die Bürger für eine maßvolle Bebauung in den Höfen. 
Mit Konzerten warben die Bürger für eine maßvolle Bebauung in den Höfen. Bürgerinitiative Grüner Kiez Pankow

In einem offenen Kommentar der Bürgerinitiative heißt es: „Wir fragen uns: Warum beauftragt und veröffentlicht der Berliner Senat seit Jahren Gutachten, Ideenwettbewerbe, Strategien und Stadtentwicklungspläne zu den Themen Klima, Mitgestaltung und Partizipation im Wohnungsbau, in der Stadtlandschaftsentwicklung etc., um die wertvollen, mit viel Expertise entwickelten Werke und Erkenntnisse dann blind Beschleunigungsprogrammen zu opfern?“ Das Vorgehen Gaeblers und sein vergifteter Tonfall Akteuren der Stadtgesellschaft und eigenen Fachämtern gegenüber seien mehr als schlechter Stil. 

„Die Auseinandersetzung um den Bau von Wohnungen im Grünen Kiez Pankow hatte von Anfang an nichts mit dem Bau von Wohnungen für Geflüchtete zu tun. Der Berliner Senat hat den Bau von Wohnungen für Geflüchtete dafür missbraucht, einen Vorschlag des Bezirkes auszuhebeln. Dies ist mit einer verantwortbaren Stadtentwicklungspolitik nicht vereinbar“, kritisieren die Naturfreunde Pankow.

Wohnungsbau um jeden Preis – auch in der Barther Straße in Hohenschönhausen

Und auch an anderer Stelle in Berlin geht die Landespolitik mit der Brechstange vor, wenn es um Wohnungsbau geht. Verkehrs- und Umweltsenatorin Manja Schreiner (CDU) widmet einen Wendehammer an der Barther Straße 17–19 um und macht so kurzerhand den Weg frei für die vollständige Bebauung eines grünen Innenhofs. Auch dies geschieht gegen den erklärten Willen des Bezirks und unter Androhung von disziplinarrechtlichen Schritten bei Zuwiderhandlung. 

„Es ist skandalös, dass die CDU-Senatorin hier ganz bewusst Bezirksbeschlüsse aushebelt, einen Bauplatz für die HOWOGE freiräumt und mit dem grünen Innenhof an der Barther Straße eine rare grüne Oase im Norden Lichtenbergs vernichtet“, sagt Daniela Ehlers, Vorsitzende sowie Sprecherin für Stadtentwicklung der bündnisgrünen Fraktion Lichtenberg.

„Seit 2017 ist bekannt, dass die HOWOGE den grünen Innenhof an der Barther Straße komplett zubauen will. Seit 2017 kämpfen wir in Lichtenberg dafür, dass der grüne Innenhof bewahrt bleibt. Es ist skandalös und demokratiefeindlich, wie Manja Schreiner die Arbeit des Bezirks und die Bedürfnisse der Anwohner:innen missachtet.“

Der Wendehammer ist ein Grundstück im Besitz des Bezirks. „Solange diese Fläche im Besitz des Bezirks ist, kann die HOWOGE ihr Vorhaben nicht wie geplant umsetzen“, erklärt Daniela Ehlers. „Der schwarz-rote Senat setzt sich mit dem angekündigten Einzug des Straßenabschnitts über den demokratischen Prozess hinweg und ebnet trotz des klaren Bezirksbeschlusses den Weg für eine vollständige Bebauung dieser wertvollen Grünfläche.“ ■